Von der Chaos-Hauptstadt zum schönsten Kulturdenkmal der Welt, dem Taj Mahal
„Von Delhi werden Sie enttäuscht sein“, so sagte uns ein in Europa lebender Inder, bevor wir die Stadt erstmals sahen. Schon beim Landeanflug auf die Stadt erkannten wir den vielleicht wichtigsten Grund: die Verschmutzung. Die Stadt war in dunkelgraue Rauchschwaden gehüllt, die den Himmel nie blau erscheinen lassen und es liegt ein beißender Gestank in der Luft. Auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel sahen wir die bittere Armut auf den Straßen, bettelnde Kinder und Menschen, die in Schmutz und ohne Dach über den Kopf ihr Leben fristen – und all das in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach ihrer Wiedergeburt.
„Auf Indien muss man sich einlassen“ sagten uns die europäischen Fans, doch bei unserem ersten Aufenthalt in Delhi fiel uns das denkbar schwer. Dennoch nutzten wir einen 3-tägigen „Transitaufenthalt“, um uns einen Überblick über Delhi zu verschaffen, in die Kultur hineinzuschnuppern und das Taj Mahal zu sehen, was die Mühen allemal wert ist…
Tag 1: Delhi
Raus aus dem Hotel und mitten im Müll. So stellten wir fest, dass es in Delhi unabdingbar ist, sich per Taxi fortzubewegen. Achtung: am besten immer die Adresse des genauen Wunschorts kennen, denn so manche Sehenswürdigkeiten haben geschlossene Hintereingänge, die in Mitten dunkler Straßen liegen. Im Falle unseres ersten Ziels wurden wir in einem Armenviertel ausgesetzt, aus dem wir – von Hunden verfolgt – nur mit Mühe wieder herausfanden.
Der Lotus Tempel ist ein imposantes Gebäude und ein spiritueller Ort für alle Religionen, wurde jedoch ursprünglich erbaut für die Bahai, Angehörige einer Religion aus Persien.
Von dort aus ging es zum Wahrzeichen der Stadt, dem India Gate und weiter zum Regierungsviertel. Dieses ist von Affen bevölkert! Es hört sich an wie ein politkritischer Witz, ist jedoch absolut ernst gemeint: die Regierungsgebäude sind bewohnt von kleinen sehr zutraulichen Affen, die den Touristen gern als Fotomotiv dienen.
Um den ersten Tag ausklingen zu lassen, begaben wir uns auf der Suche nach traditionellem indischen Essen auf den Kahn Markt, um dort in einem teuren, jedoch sauberen Lokal das klassische Chicken Tikka Masala zu dinieren.
Später fuhren wir in unser mittelpreisiges Hotel, Zaza Stay, dessen Bewertung im Internet ist OK, was auch wir bestätigen können.
Insgesamt war der erste Tag in Indien anstrengen, schockierend, jedoch interessant genug, um die Erlebnisse weiterzuempfehlen.
Tag 2: Agra und das Taj Mahal
Am nächsten Tag fuhren wir dann mit dem sehr sauberen Zug erster Klasse nach Agra. Prinzipiell verlief dies sehr problemlos, da wir die Tickets bereits online gebucht hatten. Dennoch schockiert der Bahnhof Nizamuddin in Delhi maßlos – er ist überlaufen, schmutzig und liegt in einem zweifelhaften Viertel, das man nachts unbedingt meiden sollte. Taxiabholung nach der Ankunft kann man eventuell bereits über das Hotel oder per Uber/Ola-App organisieren.
Agra ist eine Distrikthauptstadt in Uttar Pradesh und eine vergleichsweise sehr kleine indische Stadt mit nur ca. 2 Mio. Einwohnern. Sie ist bekannt für ihr Kunsthandwerk und besonders dafür, die nächstgelegene Stadt des Weltkulturdenkmals „Taj Mahal“ zu sein.
Nach der Ankunft am Bahnhof wird man von hunderten Taxifahrern erwartet, mit denen man einen Preis verhandeln kann: entweder zum Taj Mahal oder besser noch für eine gesamte Tagestour: Bahnhof – Taj Mahal – Agra Castle – Innenstadt zum Mittagessen – Handarbeitsgeschäfte – zurück zum Zug.
Das Taj Mahal wurde 1631-53 von Shah Jahan für seine Lieblingsfrau Mumtaz Mahal erbaut. Ihr Sarkophag steht erhöht neben seinem. Das Gebäude mit seinen Gärten und Plätzen ist das wahrscheinlich schönste und perfekteste der Welt. Die Spiegelung des Taj Mahal im vorgelagerten Brunnen ist ein weltberühmtes Bildermotiv.
Das rote Agra Castle mit der Perlmoschee ist eine spannende Burganlage, die man bei einem Besuch in der sonst recht verbauten Stadt unbedingt besichtigen sollte.
Im Stadtkern waren wir in einem der bekannten Touristenlokale diverse traditionelle Speisen verkosten (jeder Taxifahrer in der Stadt kennt die beliebten Lokale, die durchaus vertauenswürdig sauber erscheinen). Vor dem Lokal sitzen Schlangenbeschwörer mit ihren Kobras, was die Szene noch touristischer gestaltet.
Im Anschluss wurden wir vom Taxifahrer zu diversen Firmen mit lokaler Handarbeit gebracht – natürlich handelte es sich dabei zum größten Teil um Verkaufsveranstaltungen (vergleichbar mit in Deutschland populären „Kaffeefahrten“), jedoch waren die Vorführungen durchaus interessant und eine willkommene Alternative zum Warten auf dem verschmutzten Bahnhof:
- Teppichknüpfer (sehr günstige Exponate beginnen bei 150 € für einen 2 Monate lang handgeknüpften kleinen Bettvorleger),
- Einlegearbeiten aus Marmor wie sie im Taj Mahal zu sehen sind,
- Steine beim Juwelier: lila/rosa & schwarze Steine aus Agra (u.a. Turmalin)
Auch die Rückreise mit dem Zug gestaltete sich unspektakulär, allerdings bietet die Fahrt teils ergreifende Szenarien wie Slums, Menschen, die auf den Schienen nach Hause wandern, hart arbeitende Bauern auf Feldern oder Kühe, die auf brennenden Müllbergen nach Futter suchen.
Tag 3: Delhi: Yoga und die Sights
Unser Tag begann mit einer Hith-Yoga-Einheit in der Defence Colony, das wir als sehr fordernd wahrgenommen haben. An den Wänden finden sich die allseits beliebten Weissagungs- und Horoskop-Angebote per Mail, App oder persönlich durch die Experten.
Der als Stadtzentrum bekannte Connaught Circus mit seinem Park war uns für Sightseeing eigentlich zu schmutzig und die umliegenden Lokale erschienen ebenfalls nicht vertrauenswürdig. Wir beschlossen daher recht bald mit der U-Bahn weiterzureisen. Zahlreiche Keiler versuchten uns Taxifahrten um bis zu 160 € durch die Stadt aufzudrängen. Diese schlechten Angebote muss man bestimmt ausschlagen, selbst wenn einem vorgeblich nur Hilfe angeboten wird.
Am Chawri Bazaar erlebten wir die Katastrophe schlecht hin. Anstatt den Bazar zu besichtigen, waren wir mitten in einem Kreisverkehr verloren, in dem die Rolltreppe des U-Bahn-Aufgangs endete. Autos, Kühe, Menschen, Räder, LKWs, Esel, Müll und Abwasser auf der Straße versperrten uns den Weg.
Wir ergriffen die Flucht, um die U-Bahn nach Chandi Chawk zu nehmen. Dort landeten wir auf einer 6-spurigen Straße, in deren Mitte die Leiche eines Mannes lag, die von hunderten Autos angehupt und überfahren wurde. Zahllose Obdachlose, Straßenkinder und Kranke lagen auf der Straße, die voll war von menschlichen Exkrementen, wilden Hunden, Straßenverkäufern und Street Food-Anbietern. Daneben befanden sich wieder Müllberge, hunderte stinkende Autos, Pferde, TukTuks und Rikschas. Aus der Mitte des Getümmels holte sich ein Raabe eine riesige tote Ratte im Sturzflug und machte sich davon. Eine unwirklich unmenschliche Szene, mitten aus der Hölle…
Wir verließen Delhi direkt in Richtung Flughafen und freuten uns ehrlich, diese Kulisse hinter uns lassen zu können, doch die gemischten Eindrücke bleiben und wirken immer noch nach.
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